„Der Mensch isst so, wie er sich zur Nahrung in Beziehung setzt.“
Um im ganzheitlichen Sinne die Ernährung und die innere Bedeutung des Essens zu verstehen, kann die Betrachtung auf die Entwicklung der geistigen Individuation im Menschen gelenkt werden. Die Ernährung besitzt eine Vielzahl von unentdeckten Geheimnissen.
Lernt man nach und nach die vielen physischen wie auch metaphysischen Seiten und damit tiefen Inhalte der Ernährung kennen, so ist dies ein Reifeprozess, durch den man auf ganzheitliche Weise auch in seiner Persönlichkeitsentwicklung wächst.
Entwickelt sich ein Mensch durch Auseinandersetzung, Erkenntnisforschung, Interessenvertiefung, Beziehungsaufnahme und eventuell durch meditative Vertiefung im Leben weiter, so wird er auch jene Nahrung, die ihn in seinen Bestrebungen unterstützt, gewissenhaft auswählen.
Durch Aufmerksamkeit, Unterscheidungskraft, Kenntnis und Einfühlungsvermögen und darüber hinaus die Erkenntnis mit immer wieder neuen Dimensionen des Verstehens zu berühren, dass mit der physischen Nahrungsaufnahme auch eine unmittelbare Seelen- und Geist Begegnung stattfindet.
Es gibt viele ganzheitliche Ernährungslehren wie die japanische Makrobiotik, die chinesische Fünf Elemente Lehre (TCM), die indische Ayurveda Lehre, die Rohkost als Ernährung der Vollwertkost nach Dr. Max Bruker, die Blutgruppen Diät und und und... Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Ernährungsformen stellt sich aber die ernsthafte Frage, wem man nun glauben soll, denn schließlich muss man zu einer Entscheidung gelangen, was man essen sollte, müsste oder dürfte.
Die Antwort auf die tiefste Frage in seiner Seele, das ist die Frage, wie er selbst die Begegnung zur Natur und zu dem, was er isst, gestaltet, wird der Mensch in einer festgelegten Ernährungslehre nicht finden.
Die reife des Menschen wird von seiner Erkenntniskraft, von seiner Hingabefähigkeit und letztendlich auch von seiner Liebesfähigkeit bestimmt, sonst wird nur ein Dogma praktiziert.
Wenn der Mensch als Individuum seine höhere Natur und damit den Geist als tragende Kraft im Leben erkennt und von diesem ausgehend die verschiedenen Ernährungslehren erforscht und betrachtet. So sollten diese Worte das Herz berühren und dazu beitragen, dass etwas Unausgesprochenes und Feineres hinter der sichtbaren Erscheinung, das heißt hinter jedem Getreide, hinter jedem Gemüse oder dem zubereiteten Gericht, erkannt wird. Denn jeder Mensch trägt Geist in sich.
Unstimmigkeiten in der Ernährung lösen sich nicht auf, solange sie nur nach Kriterien von gesund oder ungesund, bekömmlich oder unbekömmlich wertet. Durch die menschliche Begabung, Erkenntnisse und Erfahrungen zu gewinnen, entstehen langsam tiefere Einblicke in eine natürlich bestehende Ordnung.
Das Essen, die Zubereitung und die Auswahl sind in dieser Ordnung wesentliche, zu unterscheidende Gebiete. Die Kunst der Aufbereitung oder des Kochens, wie auch in der Folge des Servierens bringt auf deutliche Weise die menschliche Gestaltbildefähigkeit zum Ausdruck, das Bewusstsein voraus setzt.
Um den tieferen Sinn des Gebens zu verstehen, müssen wir das Geschmackserlebnis näher betrachten. Jede Speise besitzt eine bestimmte Geschmackskomponente, sei sie sauer, süß, herb, bitter oder salzig. Die äußere Sinnesempfindung wird auch im Inneren wahrgenommen und ruft ein bestimmtes Gefühlsleben hervor.
Eine Brücke zwischen dem eigenen Wesen und der Außenwelt wird durch die bewusste Sinnesempfindung geschaffen. Wird sich der Mensch diese Vorgangs aus den tiefen der Seele bewusst, so wird er mit jedem Bissen, den er zum Munde führt, ein Art Lichtäther Tätigkeit, erzeugen.
In der Seele des Menschen ist der stille Wunsch nach Geben tief verankert. Die meisten Menschen leiden an der Oberflächlichkeit ihrer eigenen Gefühle und binden sich schließlich an ein äußeres emotionales Wollen zurück. Wie viele Menschen essen aus Kummer und Sorge oder benützen das Essen als Medium zum Zeitvertreib?
So binden sie sich aus Mangel an diesen Kenntnissen kompensatorisch an die äußeren Gefühle und werden dadurch von ihrer eigenen Körperlichkeit abhängig. Dies ist dann ein Gegensatz zur inneren Entwicklung des Menschen und die Nahrung wirkt eher wie ein passiver Konsum in einer Art nie satt werdender Kreislauf von neuen Bedürfnissen und bleibt dennoch unter der Schwelle der Möglichkeiten des Bewusstseins.
Der Gedanke, dass Essen eigentlich nicht Konsum darstellt, sondern eine wirkliche Begegnung, ist wohl dem modernen Menschen noch fremd. Alle Nahrung ist eine Gabe. Jede Mahlzeit schenkt ein neues Erlebnis für die Seele. Meist aber nimmt man Frühstück, Mittagessen und Abendbrot fast wie eine mechanische Verrichtung zu sich.
Alle Nahrung wird bekömmlicher, wenn die Seele empfänglich ist für das Gegenüber, das heißt für die Mitmenschen und auch die Nahrungsmittel. Die Entscheidung für entweder Rohkost oder gekochte Nahrung und die Wahl der Zubereitungsart sind aber eine Angelegenheit von tieferen Empfindungen und wirklichen Erfahrungen.
Jede Pflanze besitzt in sich ein eigenes Leben oder eine eigene in sich geschlossene Ätherkraft. Dieses Eigenleben muss ganz durch die Kraft der Verdauung zerstört werden, sodass der Körper schließlich eine ihm gemäße Substanz aufnehmen kann.
Die Rohkost ist eine sehr lebendige, vitalisierende, die Willenskräfte herausfordernde Nahrung, während mit der gekochten Nahrung erbaut man sich jenen weichen Leib, der durchlässig für die sensiblen Ströme des Gedankens und der Empfindungen ist. Das Bewusstsein wird bei der Rohkost vitaler und mit gesteigerter Egozentrik und mit dem Gefühl nicht mehr in Beziehung zu stehen, bei der gekochten Nahrung mehr weich und eingeordnet gegründet und bringt dagegen ein zu starkes Schwelgen in den Genüssen der weichen, gut gekochten Nahrung eine Art Trägheit und ein aus dieser heraus stehendes einseitiges Abgleiten in eine materialistische Grundstimmung .
Beide Extreme, sowohl Rohkost wie auch ausschließlich gekochte Nahrung, sollten gemieden werden. Nach individuellen Bedürfnissen und therapeutischer Notwendigkeit wird ein Anteil von gut zubereiteter Rohkost die Tafel sinnvoll bereichern und eine dynamische Ergänzung für Harmonie und Ausgeglichenheit geben.